Thema: Leicht, funktional und belastbar – Sitzmöbel aus Pappe
Aufgabenstellung:
Die Aufgabe bestand aus zwei Teilen:
A Modell: Entwirf eine Sitzgelegenheit aus Pappe, die sich gestalterisch wie funktional an den Bedürfnissen einer bestimmten Zielgruppe orientiert. Setze deinen Entwurf in einem kleinen, maßstabsgetreuen Modell um. Gesucht wird eine eigenständige, selbst entwickelte Lösung.
B Entwurfsskizze (DIN A3): Fertige eine Zeichnung an, auf der dein Entwurf festgehalten wird. Zeichne deinen Stuhl aus mehreren Perspektiven maßstabsgetreu. Stelle zudem deine Überlegungen dar und erläutere deine Gestaltungsentscheidungen (z.B. Form, Konstruktion, Zielgruppe). Gestalte die Skizze ansprechend und nachvollziehbar.
Vorüberlegungen:
Möbel aus Pappe liegen gegenwärtig im Trend. Sie sind leicht, stabil und häufig flexibel. Das Material ist kostengünstig, lässt sich leicht verarbeiten und recyceln. Werden die Möbel nicht mehr benötigt, können sie als Altpapier umweltfreundlich entsorgt werden. Moderne Möbel aus Pappe erfüllen zudem die Brandschutzanforderungen. Spezielle Beschichtungen machen die Pappe feuer- und sogar wasserfest.
Unterrichtseinheit:
Primäres Ziel der Unterrichtseinheit war es, dass die Schülerinnen und Schüler den Designprozess anhand des Entwurfs von Sitzmöbeln aus Pappe selbst nachvollziehen. Dabei war es wichtig, dass die Lernenden zunächst die für Designobjekte relevanten Funktionen (ästhetische, praktische, symbolische Funktion) und deren wechselseitige Abhängihkeiten erabeiten, um diese dann im eigenen Entwurfsprozess anzuwenden, aber auch um sie für die Beurteilung von Designobjekten heranziehen zu können. Ebenso unerlässlich war die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen technischen Verfahren und Konstruktionsmöglichkeiten (z.B. Stecken, Schichten, Falten), um mit dem Material Pappe die für die Funktionalität notwendige Stabilität erzeugen zu können.
Ergänzend erhielten die Schülerinnen und Schüler anhand von Stühlen einen Einblick in die Designgeschichte. Sie sollten dabei auch erkennen, dass Stühle Spiegel ihrer Zeit sind, da das Produkt, seine Form, Herstellung und Funktion durch die Entwicklung von Technik, Wissenschaft, Gesellschaft und Politik einer bestimmten Zeit bestimmt wird. Thematisiert und problematisiert wurde zudem die Unterscheidung zwischen Kunst und Design.
Hinweise:
Die Erarbeitung der drei Funktionen des Designs erfolgte zu Beginn der Unterrichtseinheit an selbst mitgebrachten Objekten, die die Schüler für "gut designt" hielten. In Gruppen einigten sich die Schülerinnen und Schüler auf jeweils ein Objekt, das sie ihren Mitschülerinnen und Mitschülern auf einer imaginären Designmesse anpriesen. Die wichtigsten Kategorien wurden auf Papierstreifen notiert, die dann gemeinsam an der Tafel geordnet wurden.
Die Wechselbeziehung der drei Designfunktionen lässt sich gut an "misslungenen" Designbeispielen ("Design-Fails") aufzeigen.
Die Auseinandersetzung mit den technischen Verfahren erfolgte anhand von drei ausgewählten Sitzgelegenheiten aus Pappe, denen jeweils unterschiedliche Konstruktionsweisen zu Grunde liegen (Davis Grass: Cardboard Lounge, 2009; Frank Gehry: White Little Beaver, 1987; Maartje Nuy, Joost van Noort: VOUWWOW (VW01), 2009). Neben der Analyse der Konstruktionsweisen diskutierten und notierten die Lernenden auch Vor- und Nachteile der einzelnen Lösungen, technisch wie gebrauchspraktisch. Steht mehr Zeit zur Verfügung, ist es auch denkbar, die Schülerinnen und Schüler zunächst in einer Explorationsphase selbst Möglichkeiten erproben zu lassen, mit dem Material Pappe Stabilität zu erzeugen.
Bezug zur Kunst und/ oder zur ästhetischen Umwelt:
Zur Thematisierung und Problematisierung der Unterscheidung von Kunst und Design eignen sich unter anderem folgende Beispiele aus der Design- und Kunstgeschichte:
- Max Bill: Ulmer Hocker, 1954 ("form follows function")
- Frank Schreiner: Stiletto, 1983
- Philippe Starck: W. W. Stool, 1991
- Meret Oppenheim Frühstück im Pelz, 1936
- Günther Uecker : Chair ll, 1963
- Joseph Beuys: Fettstuhl, 1964
- Joseph Kosuth: One and Tree Chairs, 1966
- Walter de Maria: Pyramid Chair, 1966
- Yoko Ono: Chair Painting, 1966-1996
- Jean Dubuffet: Stuhl II, 1967
- Antoni Tàpies: Cadira coberta, 1970
- Timm Ulrichs: „Der erste sitzende Stuhl (nach langem Stehen sich zur Ruhe setzend)“, 1970
- John M. Armleder: Furniture Sculpture 1, 1979
- Stefan Wewerka: Classrooom Chair
- Peter Fischli, David Weiss: Die Gesetzlosen, 1985
- Rebecca Horn: Der Mond, das Kind, der anarchistische Fluss, 1992
- Magdalena Jetelová: Moldau-Stuhl, 2003